Der US-amerikanische Equipechef Robert Ridland schickte ein starkes Team in die Aachener Soers. Die frisch gebackene Nummer eins der Weltrangliste, Kent Farrington (44), wurde begleitet von Lillie Keenan (28), McLain Ward (49) und „Urgestein“ Laura Kraut (59), allesamt beritten mit ihren Top-Pferden, die ihre Klasse vielfach in Nationenpreisen und anderen Fünf-Sterne-Events unter Beweis gestellt haben. Der Jüngsten in der Mannschaft, Lillie Keenan, und ihrem französischen Wallach Argan de Beliard gelangen zwei fehlerfreie Runden im Nationenpreis. Die Schülerin von Laura Kraut lieferte damit das beste US-Ergebnis. Ihre Mannschaftskollegen Kent Farrington mit der Zangersheider Stute Toulayna, Laura Kraut mit der ebenfalls aus der Zangersheider Zucht stammenden Stute Bisquetta sowie McLain Ward mit Wallach Imperial leisteten sich jeweils einen Abwurf, aber nach Abzug der Streichergebnisse in den beiden Runden blieben nur vier Strafpunkte übrig. Eine starke Leistung, die von dem enthusiastischen Aachener Publikum frenetisch gefeiert wurde. Robert Ridland kommentierte den Erfolg gewohnt trocken: „Für uns ist Aachen das Mekka des Springsports. Das Team auszusuchen, war einfach – ich bin die Rangliste durchgegangen und habe die besten fünf mitgenommen. Mehr brauche ich nicht zu sagen.“ Die Order für sein Team lautete schlicht: „Lasst die Stangen oben und stürzt nicht am Wassergraben!“
Foto: Stefan Lafrentz
Porträt: Leonie Richter – Freude und Respekt
Schon immer war da ein Resthof in Bad Essen mit sechs Pferdeboxen, einer kleinen Halle und einem Außenplatz, auf dem die Reitsport-Familie Richter ihrer Passion für Pferde nachgeht. Nun wurde der Betrieb auf die nötige Größe für eine Selbstständigkeit ausgebaut, da die Tochter und Dressurausbilderin Leonie, nach einer lehrreichen Zeit bei Helgstrand Dressage, aus dem niedersächsischen Landkreis Diepholz, genauer Syke, Ende des Jahres zurück auf den rund 90 Kilometer entfernten elterlichen Hof kehren will.
Bewusst hatten die Eltern der Zwillinge Leonie und Ellen Richter ihre Anlage im Landkreis Osnabrück bisher klein gehalten. „Meine Mutter reitet Dressur bis zur schweren Klasse und mein Vater Springprüfungen ebenfalls bis auf S-Niveau“, begann Leonie Richter von ihrem familiären, hippologischen Bezug zu erzählen. „Wir hatten Platz für sechs Pferde. Darunter waren immer ein paar eigene, ein paar zur Ausbildung und häufig eine dressurbetonte Zuchtstute. Meinen Eltern wäre es mit Sicherheit ganz recht gewesen, wenn meine Schwester und ich uns jeweils für eine Disziplin entschieden hätten, um den Konkurrenzdruck von Gleichaltrigen etwas aus dem Weg zu gehen. Aber wir sind beide Dressurreiterinnen geworden. Das hat dennoch ganz gut miteinander funktioniert.“ Die mittlerweile 29-jährigen Töchter blicken beide auf eine erfolgreiche Pony-, Junioren- und Junge Reiter-Zeit im Viereck sowie zwei abgeschlossene Studien der Betriebswirtschaftslehre zurück.
Eigentlich sollte der Wallach D’Accord FRH verkauft werden. Seine beiden Besitzer gaben ihn in die Obhut von Christoph Wahler, der ihn so lange reiten sollte, bis sich ein Käufer findet. Der Chef des Klosterhofs Medingen war zunächst nicht so b<a name="_GoBack"></a>egeistert von dem großen Braunen. Heute ist er glücklich, eines der besten Vielseitigkeitspferde der Welt reiten zu dürfen.
Ein unbeschriebenes Blatt war D’Accord nicht, als Christoph Wahler zum ersten Mal in den Sattel stieg. Nach diversen Dressur-, Spring- und Geländeprüfungen hatte ihn Svenja Eckert, selbständige Bereiterin im Stall des heutigen Bundestrainers Peter Thomsen, an Zwei- Sterne- und bald darauf an Drei-Sterne-CCI herangeführt. Seine beiden Besitzer Hendrik von Paepcke und Stefan Haupt wollten sich aber von dem Pferd trennen und vertrauten es bis zum Verkauf Christoph Wahler an. „Es hat bei mir überhaupt nicht klick gemacht, er war nicht so der richtige Blickfang, sondern ein riesengroßes Pferd mit einem speziellen Bewegungsablauf“, erinnert sich der Reiter. Dass der Braune obendrein steif war und Probleme mit offenen Gräben hatte, machte die Sache nicht besser. Aber Christoph Wahler hatte sich gründlich getäuscht, der Diarado-Sohn (Muttervater Aarking xx) entwickelte sich in nur wenigen Monaten zu einem zuverlässigen Vielseitigkeitspferd. Gleich die erste gemeinsame Saison 2022 führte zur Deutschen Meisterschaft nach Luhmühlen, die das frische Paar mit Platz acht beendete. Im Jahr darauf gingen Wahler mit der Silbermedaille um den Hals und D’Accord als Deutsche Vize-Meister auf die Ehrenrunde. Einige Monate später behaupteten sich die beiden auf ihrem ersten langen CCI4* im niederländischen Boekelo. Zu dem Zeitpunkt war längst klar, dass ein Verkauf des Pferdes nicht mehr in Betracht kam. Den Besitzern war nämlich schnell klar geworden, dass ihr Pferd mit Christoph Wahler eine perfekte Einheit bildet.