Gleich bei ihrem ersten Seniorenchampionat als erste Teamreiterin gelang Libussa Lübbeke auf Caramia eine sehr gute Runde, die sie vorübergehend mit 28,3 Minuspunkten an die Spitze des Feldes setzte. In schöner Selbsthaltung absolvierte die von Libussas Eltern gezogene und von ihrem Bruder in den Sport gebrachte hannoversche Stute v. Comte die Lektionen. Das war mal eine gute Vorlage. Ich muss zugeben, dass ich sie mir leider später im TV angesehen habe, denn es ergab sich die Gelegenheit, zusammen mit einer Handvoll Kollegen von Parcourschef Mark Phillips persönlich durch den Kurs gefahren werden.
Der renommierte Designer, Ex-Mann der Europameisterin von 1973 Princess Anne, Ex-Schwager des britischen Königs ist der Vater von Zara Phillips, die hier vor genau 20 Jahren auf Toytown Europameisterin wurde, und wie schon zuvor ihre Mutter mithalf, das Geländereiten auf die Agenda der britischen High Society zu setzen. Auch die Tochter des Hausherrn auf Blenheim, des Duke of Marlborough, Lady Aminata Spencer Churchill, hat sich schon Cross Country bewährt. Ein Porträt der gelockten Schönheit zusammen mit ihrem Pferd ziert in dieser Woche die Gesellschaftsseite der Zeitschrift „Country Life“.
Sind die Gewinngelder in der Vielseitigkeit um vieles bescheidener als im Springen und der Dressur, eines habe die Buschis allen voraus: Nirgendwo reiten sie vor so prächtigen Kulissen wie in England, seien es die Fünf-Sterne-Events Badminton und Burghley oder eben Blenheim Palace. Das grandiose Gemäuer aus gelbem Sandstein mit nicht weniger als 187 Zimmern wurde Anfang des 18. Jahrhunderts erbaut, als Dankeschön der damaligen Königin Anne an den Ersten Duke, John Churchill, für den entscheidenden Sieg in der Schlacht von Blenheim, die den Spanischen Erbfolgekrieg entschied. Der berühmte Winston Churchill ist hier geboren und aufgewachsen. Sein mit einer Säule geschmücktes Grab steht nahe der Straße in einem Nachbardorf.
Im 850 Hektar großen Park werden seit 1990 Vielseitigkeitsevents geritten, vor 20 Jahren auch schon mal eine Europameisterschaft. Jetzt gerade ist hier richtig viel los. Überall Parkplätze, fein säuberlich getrennt nach VIPs, Reitern, Zuschauern, Orga-Team und Presse, endlose gepflasterte Wege schlängeln sich durch den Park, auch eine kleine Eisenbahn gibt es für Touristen. Wenn man wie ich einmal falsch abbiegt, hat man das Vergnügen einer weiteren Rundfahrt, um wieder aus dem Anwesen herauszukommen. Unser Parkplatz ist leider ziemlich weit weg, aber ein reizender Ordner hat mir heute Morgen gezeigt, wie man sich ein bisschen näher mit dem Auto ans Pressezelt pirschen kann. Mal gucken, ob das morgen auch noch geht.
Die Reiter sind mit sechs LKWs gekommen, für jedes Pferd einen. Das klingt jetzt sehr luxuriös, ist aber eigentlich eine Sparmaßnahme, wie mir Equipechefin Dr. Annette Wyrwoll verriet. So würden nämlich die Hotelkosten eingespart. Bei der Überfahrt gab es für Nico Aldinger eine Verzögerung. Er wollte einen Tag später anreisen und musste dann warten, bevor der Sturm auf dem Ärmelkanal nachgelassen hatte. Wenn Pferde seekrank werden, kann es nämlich lebensgefährlich werden, weil sie sich bekanntlich nicht übergeben können. Und durch den Eurotunnel zu fahren, sei keine Option gewesen, sagt Annette Wyrwoll. Denn dafür verlangen die Briten eine besondere Ausstattung des Transporters. Aus Angst vor Seuchen und anderen Übel darf kein Tröpfchen Urin nach außen dringen, dafür sind innen Ventilatoren Pflicht. Beides zusammen macht ja irgendwie Sinn.
Ansonsten ist die Stimmung im Team prima, versichert Annette. Im Trainingslager habe man nicht nur Dressur auf Rasen geübt, sondern auch bei einem „Englischen Abend“ schon mal das Pimm`s Trinken. Das Buschreiter-Kultgetränk gibt es hier an jeder Ecke. Und man kann ja vorsichthalber schon mal anstoßen.