Foto: Tomas Holcbecher

Der aktive Rentner

„Ich sitze im Sattel, solange ich denken kann.“

Beobachtet man Karl-Heinz Markus im Sattel seiner aufgeweckten Oldenburger Stute Fiona, würde man nicht meinen, was man bei einem Gespräch mit ihm erfährt. „Ich bin natürlich bereits Rentner“, sagt der 70-Jährige mit den strahlenden, hellblauen Augen und fügt stolz hinzu: „Im Dezember des Vorjahres geworden und froh, dass ich der Jugend“ – gemeint sind seine Reiterkollegen in der Tour des 94. Deutschen Spring-Derbys Hamburg – „noch Paroli bieten kann.“

 Seine Sportpartnerin im Jenischpark ist die zehnjährige Fiona, eine Tochter des Quabri de L Isle aus einer For Feeling-Mutter und Markus nicht nur ihr Reiter, sondern ebenfalls der Züchter der sprunggewaltigen Dunkelfuchsstute. Schon im Vorjahr ging das Team in selbiger prestigeträchtiger Tour an den Start. Damals war Fiona gerade einmal neunjährig. „Es hat wieder nicht für ganz vorne gereicht“, sagte der Reiter voller Ehrgeiz. „Es war beim zweiten Mal nicht viel einfacher, aber sie kannte den Parcours und ich habe gespürt, dass es heute mit dem Sieg hätte klappen kann. Daher bin ich von Anfang an auf Angriff geritten.“ Dazu will erwähnt sein: Es hat nicht für ganz vorne in der ersten Qualifikation zum Deutschen Spring-Derby gereicht, aber dafür gab es einen beachtlichen dritten Platz.

Zum Training fuhr Karl-Heinz Markus, genannt Kalle, erneut – genau einmal – auf die Anlage von Sandra Auffahrt. Die erfolgreiche Vielseitigkeits- und Springreiterin war es auch, die beim ehemaligen Veranstalter 2022 ein gutes Wort für den erfahrenen, ländlichen Reiter aus dem niedersächsischen Werlte im Emsland eingelegt hat. So erhielt er eine Startgenehmigung, um damals noch im Sattel von Chuck in Hamburgs Derby-Tour mitreiten zu dürfen. Das war schon immer ein Traum des Pferdemannes, der die besondere Prüfung zuvor schon viele Male als Zuschauer verfolgt hatte. Es fehlte nur ein letzter Impuls, der damals mit dem Pferd seines Freundes kam. Der Routinier gibt zu, noch immer etwas nervös vor der Startlinie zu sein, aber wenn es losginge, wäre die Nervosität sofort verflogen. „Dann bin ich fokussiert auf mein Pferd und die Hindernisse.“

„Fiona ist immer noch ein sehr spezielles Pferd, bei der es wichtig ist, sie auf seiner Seite zu behalten.“ Markus fährt fort: „Sie hat sich seit unserem ersten Start in Hamburg deutlich weiterentwickelt über nationale S-Springen, samt Siegen in Großen Preisen. 2024 war sie noch sehr grün und hat in der Zwischenzeit mehr Erfahrung gesammelt. In der zweiten Qualifikation fielen leider zwei Stangen. Die bekannten Schwierigkeiten überwanden das Duo jedoch problemlos. „Wenn Fiona mich am Freitag überzeugt, dann werde ich eventuell das Derby reiten. Erst nach der zweiten Prüfung fällt die Entscheidung. Sie ist sehr vorsichtig und ich will ihr nicht zu viel zumuten, aber den Wall bewältigt sie normalerweise, als wäre sie dafür gemacht“, so hieß es noch nach der ersten Qualifikation. Karl-Heinz Markus hat nun Startbereitschaft für den Klassiker erklärt und will heute am 94. Hamburger Spring-Derby teilnehmen. Das Gefühl scheint zu stimmen.

 

Und in Zukunft?

Mehrere Halbgeschwister zu seiner Top-Stute stehen im heimischen Stall. Auf einer fünfjährigen Halbschwester zu Fiona liegen große Erwartungen: „Sie ist vielleicht sogar noch etwas besser. Sie ist größer, ebenfalls vermögend, rittig und hat eine ganz andere Manier am Sprung. Von ihr erhoffe ich mir sehr viel. Sie ist unkomplizierter und nicht so eigensinnig wie Fiona.“ Bald erfolgen die Turnierpferdeeintragung und die ersten Einsätze. Kalle hat mittlerweile fünf Kinder, vier Enkelkinder, noch immer einen ungebremsten Siegeswillen und weitere Ziele: „Ich würde gerne wiederkommen und dann die Fünf-Sterne-Tour auf dem Derby-Platz mitreiten.“ Drei bis vier Pferde bewegt der Senior noch täglich „für den Eigenbedarf“, wie er es formulierte. Markus ist gelernter Schlosser und bei seinem Bundeswehrdienst als Fallschirmspringer erwarb er sich zudem die Fähigkeit mit Höhen umzugehen. „Danach habe ich mein Hobby zum Beruf gemacht, teilweise angestellt, jedoch bereits mit 28 Jahren selbstständig.“ Zwölfjährig trat das Reitsport-Urgestein in den Verein ein und ritt zuvor regelmäßig auf den Arbeitspferden des Familienhofes – den Kaltblütern. Und wie lange er noch Reiten will beantwortet Kalle eindeutig: „Solange ich noch gewinnen kann! Natürlich denke ich manchmal ans Aufhören, aber was macht man denn dann zuhause? Solange ich fit bin und auf diesem Niveau starten kann, mache ich als Turnierreiter weiter. Anschließend kann ich ja immer noch meinem Sohn zuhause helfen, die jungen Pferde auszubilden.“

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