Das Al Shira'aa 94. Deutsche Spring-Derby präsentiert von Melitta ist entschieden – auf kuriose Weise. Zwei Reitern gelang eine fehlerfreie Runde. Der eine ein Derby-Spezialist und schon dreimaliger Derby-Sieger: André Thieme auf dem elfjährigen Paule S. Der andere eigentlich ein olympischer Vielseitigkeitsreiter, der sich speziell für das Hamburger Derby ein Pferd geliehen hatte: der Spanier Esteban Benitez Valle auf dem ebenfalls elfjährigen C the Stars. Diesen beiden Paaren gelangen die 164. und 165. Nullrunde in der Geschichte des Deutschen Spring-Derbys. Das Stechen musste entscheiden. Benitez Valle ritt zuerst ein, drückte nicht zu sehr aufs Gas und lieferte eine Runde mit einem Abwurf. Aber dann: Der Spanier musste disqualifiziert werden, weil er eine Wendemarke im Stechparcours ausgelassen hatte. Thieme folgte, wusste, dass er ‚nur‘ über die Ziellinie kommen muss, um zu gewinnen und – er siegt.
24.000 Zuschauer bejubeln, beklatschen und feiern Thieme ebenso wie Benitez Valle – nach großartigen Runden im Derby-Park. „Die Zuschauer in Hamburg sind einfach wahnsinnig begeisterungsfähig und lassen diese fantastische Stadionatmosphäre entstehen“, war Turnierchef Matthias Rath völlig begeistert. „Wir haben jeden Tag erlebt, wie die Zuschauer mitgingen – und es waren sehr viele. Allein am Sonntag waren etwa 24.000 Pferdebegeisterte hier und insgesamt über das Wochenende etwa 90.000. Das war fantastisch.“
2007, 2008 und 2011 hatte Thieme bereits mit Nacorde das Derby gewonnen, aber vielleicht war dieser vierte Sieg, der am sorgfältigsten geplante. „Ich habe schon in der Wintersaison an das Derby gedacht, habe nach meinem Florida-Aufenthalt mit Paule erst mal Pause gemacht, letztes Wochenende ihn das erste Mal wieder auf einem Turnier geritten und sehr sorgfältig auf heute vorbereitet“, erklärt Thieme seine Strategie. Die erste Qualifikation habe er sich so gut angefühlt, dass er die zweite auslassen konnte und heute sensationell den Parcours absolviert hat. „Es fühlte sich mit ihm viel leichter an, als es da drinnen wirklich ist“, betont Thieme. „Paule macht’s möglich!“ Thieme war glücklich und er teilte sein Glück. Zwei junge Pferdefans waren ihm unter den Zuschauern aufgefallen, mit Paule ritt er bei der Siegerehrung zu den Mädchen hin, gab der einen seinen Blumenstrauß, den er kurz zuvor selbst bei der Ehrung entgegengenommen hatte, die andere bekam seine goldene Derbyschleife! Und Thieme freute sich: „Das war so schön, die beiden haben so gestrahlt.“
Premiere mit Platz zwei – völlig unerwartet
„Ich habe das nicht erwartet“, resümierte ein immer noch etwas ungläubiger Zweitplatzierter. „Es war mein erstes Mal im Hamburger Derby. Ich wollte es nur genießen und eine gute Runde drehen.“ Von Springreiter Stephan Dubsky hatte sich der Spanier, der in Paris in der olympischen Vielseitigkeit am Start war, das Pferd geliehen. „Ich habe das Pferd seit sechs Wochen, ich habe mich in dieser Zeit sehr intensiv mit ihm beschäftigt und die Derby-Hindernisse geübt.“ Und dann gesteht er, er habe etwas Angst vor dem Wall gehabt, weil C the Stars in der Qualifikation den Wall sehr schnell runtergerutscht ist, aber im Derby selbst habe er ‚brrr‘ gesagt und das Pferd habe dieses Mal auf ihn gehört und langsamer gemacht. „Das Pferd hatte schon Derby-Erfahrung, ich nicht, aber ich hatte ein super Gefühl.“ Langfristig hat der 33-Jährige ein Ziel: Er möchte weiter Vielseitigkeit reiten, aber parallel gerne auch im Springen in Nationenpreisen an den Start gehen. Und wie geht es jetzt mit seinem Derby-Partner C the Stars weiter? Esteban lächelt. „Das weiß ich noch nicht genau, vielleicht darf ich ihn jetzt auch noch Hickstead Derby reiten.“
Der Luxemburger Charles Hubert Chiche hat sich mit der schnellsten Vier-Fehler-Runde Platz drei im Spring-Derby gesichert. Mit dem 15-jährigen Andain du Thalie flitzte er in 159,62 Sekunden durch den Derby-Parcours und war damit satte zehn Sekunden schneller als Frederic Tillmann. Tillmann und DSP Comanche VL leisteten sich ebenfalls einen Abwurf und wurde in 169,36 Sekunden Vierte.
Insgesamt hatten sich 30 Paare für die Teilnahme am Al Shira'aa 94. Deutschen Spring-Derby qualifiziert, zwei blieben fehlerfrei, zwei mussten nur einen Abwurf notieren, sechs absolvierten den Parcours mit zwei Abwürfen, alle anderen hatten drei oder mehr. Es ist eine historisch belegte Wahrheit: Das Deutsche Spring-Derby in Hamburg gehört zu den schwersten Parcours der Welt.
Stilvoller Marvin
Der Anrecht Investment Harmonie & Fairness Stilpreis ging in diesem Jahr – wie immer per Zuschauer-Voting entschieden – an das Geburtstagskind, an Marvin Jüngel. Genau heute am Derby-Sonntag feierte der zweimalige Derbysieger seinen 24. Geburtstag. Im Derby-Parcours musste er leider zwei Abwürfe notieren mit seiner Derby-Spezialistin Balou’s Erbin, das Paar landete damit auf Platz acht. Jüngel war trotzdem sehr stolz auf seine Stute und blickte nach vorne: „Wir probieren es das nächste Mal wieder.“
Eine besondere Ehre
Philip Kloth, Repräsentant der Al Shira’aa Stables, strahlte nach fünf Derbytagen: „Es war eine Ehre, in diesem Jahr den Siegerpreis zu überreichen. Die Atmosphäre im Stadion mit Zehntausenden Zuschauern erleben zu dürfen, das war schon etwas sehr, sehr Besonderes. Meine Chefin, Hoheit Sheikha Fatima, ist seit Jahrzehnten mit dem Pferdevirus infiziert. Auch für sie war das eine besondere Ehre, Teil des Hamburger Derbys zu sein. Wir freuen uns auf die kommenden Jahre.“
"Ja, es ist absolut richtig!“
Erstmals war Melitta als Presenting Sponsor des Derbys dabei. Matthias Rensch, Melitta Geschäftsführer Europa, Afrika und Asien für den Geschäftsbereich Kaffee, zog Bilanz: „Das ist so ein positiver Spirit, den wir hier erlebt haben, und diese Live-Events sind Teil einer Strategie, die wir haben. Wir wollen die Menschen begeistern und das scheint nach dem ersten Feedback absolut gelungen.“ Und er ergänzte: „Für ein Wirtschaftsunternehmen ist das logischerweise immer eine Investition und für mich als Herr, der das verantworten darf, gehört es auch dazu, mir ein Bild zu machen, ob das richtig ist, was wir hier machen oder nicht. Die Antwort ist: Ja, es ist absolut richtig!“
Das Schlusswort
Turnierchef Rath – ein persönliches Schlusswort nach seiner Derby-Premiere als Veranstalter: „Es war für uns von Anfang an nicht so entscheidend, wie viele Zuschauer wir beim Derby haben. Das Ziel war, ein sehr sehr gutes Turnier für die Reiter auf die Beine zu stellen – und ich denke, das ist uns gelungen. Ich bin für das erste Jahr sehr zufrieden, wie das gesamte Team das gemeistert hat. Ich glaube, wir haben coole Prüfungen gesehen, sowohl in der Dressur als auch im Springen. Und natürlich haben wir auch nach dieser Premiere viele Details mitgenommen, die wir noch verbessern können. Morgen geht die Vorbereitung auf das nächste Jahr los und dann freuen wir uns auf 2026.“